Für Menschen, die unter der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis leiden, stellt die chronische Unterversorgung mit Schilddrüsenhormonen eine enorme Belastung dar, die auch die Psyche beeinträchtigen kann. Die kleine Hormondrüse hat Einfluss auf das Wachstum, die Aktivierung des nervlichen Stoffwechsels und die Gehirnaktivität.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele Hashimoto-Patienten unter psychischen Störungen wie Erschöpfung, Depressionen, Stimmungsschwankungen, Angstzuständen, Schlafstörungen und Konzentrationsproblemen leiden. Diese Beschwerden sind aber meist vorübergehend und entspannen sich in der Regel mit richtiger Hormoneinstellung.
Leider werden Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten oft von Medizinern nicht richtig erkannt oder sogar verkannt. Viele Symptome können überlappen und in erster Linie im psychosomatischen Bereich angesiedelt sein. Was jedoch nicht bedeutet, dass es sich dabei um eine eigenständige, psychische Erkrankung handelt. Es ist daher wichtig, bei Verdacht auf Hashimoto-Thyreoiditis eine ausführliche Hormonanalyse und eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse durchführen zu lassen, um eine fundierte Diagnose stellen zu können.
Eine angemessene Behandlung mit Schilddrüsenhormonen ist unerlässlich, um die Symptome der Hashimoto-Thyreoiditis zu lindern und die Psyche zu stabilisieren. Doch auch alternative Methoden wie eine Ernährungsumstellung, die Unterstützung des Immunsystems, Stressreduzierung und Entspannungsübungen können hilfreich sein, um die Symptome der Autoimmunerkrankung zu reduzieren und die Psyche zu unterstützen.
Es ist wichtig, sowohl schulmedizinische als auch alternative Ansätze zu berücksichtigen und individuell auf jeden Patienten abzustimmen. Die Hashimoto-Thyreoiditis hat weitreichende Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit und erfordert daher einen ganzheitlichen Behandlungsansatz.
Warum führt Hashimoto-Thyreoiditis so oft zu Fehldiagnosen?
Die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis führt zur Hypothyreose, also einer Schilddrüsenunterfunktion, was auch als Funktionsstörung bezeichnet wird, da zu wenig Schilddrüsenhormone produziert werden.
Jedoch hat jede Störung negative Auswirkungen auf das gesamte System. Dies gilt nicht nur für kaputte Autos oder defekte Waschmaschinen, sondern auch für den menschlichen Körper, der zweifelsohne das komplexeste System darstellt.
Es wurde nachgewiesen, dass das Schilddrüsenhormon psychische Prozesse beeinflusst. Mit anderen Worten besitzt dieses Hormon Eigenschaften, die das seelische Gleichgewicht beeinträchtigen können. Daher führt eine Störung in diesem Bereich zwangsläufig zu einer Veränderung der Wesensart und Stimmungsschwankungen bei den Betroffenen.
Diese Störung kann sich unter anderem wie folgt auswirken:
- Es kommt häufig zu einer unerklärlichen Weinerlichkeit oder auch depressiven Gefühlslagen
- Die Reizbarkeit steigt und Betroffene haben das Gefühl, dass alles zu viel wird
- Es kommt immer öfter zu Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
- Die Betroffenen fühlen sich oft regelrecht benommen und müde, ausgepowert
- Die Betroffenen neigen zu einer gesteigerten Nervosität und sind besonders schreckhaft
- Eine übermäßige Ängstlichkeit prägt sich aus und mündet in regelrechten Panikattacken
- Es kommt zu massiven Schlafstörungen
Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Symptome von Hashimoto-Thyreoiditis eher diffus sind und sich nicht speziell auf die Schilddrüse beziehen, sondern auch andere Körpersysteme betreffen können. Ohne Kenntnis der Schilddrüsenwerte und einer gezielten Diagnostik könnte man leicht zu der Annahme kommen, dass psychische Erkrankungen die Ursache sind.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, bei Verdacht auf Hashimoto-Thyreoiditis eine gründliche Diagnose zu stellen und eine angemessene Behandlung einzuleiten, die auch den psychischen Aspekten Rechnung trägt. Nur so können Betroffene die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um ihre körperliche und psychische Gesundheit zu verbessern.
Gut zu wissen:
Bei einer Schilddrüsenerkrankung treten psychische Symptome aus hormonellen Gründen auf und nicht aufgrund einer eigenständigen psychischen Erkrankung.
Gegenüberstellung der psychischen Symptome bei Depression, Angstzuständen und Hashimoto-Thyreoiditis
Um noch einmal zu verdeutlichen, wie leicht die psychischen Merkmale miteinander verwechselt werden können, habe ich die folgende Gegenüberstellung auf der Grundlage des Internationalen Diagnoseschemas der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) aufbereitet:
Hashimoto-Thyreoiditis | Depression | Angstzustände |
depressive Stimmungslagen | depressive Stimmung | Schweißausbrüche |
weinerlich | mangelndes Interesse | Zittern (Tremor) |
leicht reizbar | Antriebslosigkeit | trockene Schleimhäute im Mund |
Konzentrationsstörungen | schnelle Ermüdung | Atembeschwerden |
Gedächtnisstörungen | verminderte Konzentrationsfähigkeit | Beklemmungsgefühl |
Benommenheit | geringes Selbstwertgefühl | Schmerzen in der Brust |
gesteigerte Nervosität | pessimistische Ansichten | Übelkeit und Schwäche |
übermäßige Ängstlichkeit | suizidales Verhalten | Schwindelgefühl |
Panikattacken | Schlafstörungen | Angst vor Kontrollverlust |
Schlafstörungen | morgendliches Stimmungstief | unbegründete Todesangst |
deutlicher Appetitverlust | Hitzewallungen im Wechsel mit Kälteschauern | |
Gewichtsverlust | Allgemeine Ängste | |
Libidoverlust |
Es gibt eindeutige Überschneidungen zwischen den psychischen Symptomen bei Hashimoto-Thyreoiditis und anderen psychischen Erkrankungen. Bei dieser Autoimmunerkrankung werden oftmals die psychischen Auswirkungen zu Beginn falsch interpretiert, bevor die körperlichen Beschwerden überhaupt als solche wahrgenommen werden.
Wenn du bereits aufgrund von Depressionen behandelt wirst, ist es empfehlenswert, die Schilddrüsenwerte überprüfen zu lassen, um die Hashimoto-Thyreoiditis als mögliche Ursache für deine psychischen Beschwerden auszuschließen, denn das Tückische an Hashimoto-Thyreoiditis ist, dass sie oft nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird.
Wenn der Verdacht auf eine autoimmunbedingte Schilddrüsenerkrankung besteht, sollte man sich nicht entmutigen lassen. Frauen im mittleren Alter werden oft mit Wechseljahresbeschwerden fehldiagnostiziert. Eine Schilddrüsenuntersuchung und ein Antikörper-Test können helfen, eine entsprechende Diagnose zu stellen.
Es ist möglich, dass man in einigen Arztpraxen auf taube Ohren stößt und abgewiesen wird. In solchen Fällen sollte man nicht aufgeben, sondern sich an einen anderen Arzt wenden.
Die Behandlung von Hashimoto-Thyreoiditis kann ein langer und schwieriger Weg sein. Es ist jedoch wichtig, am Ball zu bleiben, um die notwendige Behandlung zu erhalten, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Gut zu wissen:
Bei einer Schilddrüsenerkrankung treten psychische Symptome aus hormonellen Gründen auf und nicht aufgrund einer eigenständigen psychischen Erkrankung.
Wie unterscheiden sich psychische Auswirkungen von hormonell bedingten Erkrankungen von anderen psychischen Erkrankungen?
Im Gegensatz zu „echten“ psychischen Erkrankungen, die in der Regel konstante Symptome aufweisen, wirst du als Hashimoto-Thyreoiditis-Patient bemerken, dass deine Auswirkungen im mentalen Bereich äußerst schwankend sind. Die Symptome wechseln häufig und können sich innerhalb eines einzigen Tages stark verändern.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass jemand, der normalerweise selbstsicher und stark ist, plötzlich zu einem emotionalen Wrack wird, wenn ein neuer Schub der Krankheit auftritt. Doch diese Veränderung ist vorübergehend und in der nächsten Phase der Schilddrüsenunterfunktion kann es sein, dass dieselbe Person gereizt oder übermäßig nervös auf eine bestimmte Situation reagiert.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Hashimoto-Thyreoiditis, aufgrund der reduzierten Hormonproduktion, komplexe psychische Symptome aufwerfen kann, welche sich aber ständig verändern können und somit den großen Unterschied zu echten psychischen Erkrankungen macht.
Was kann man tun, wenn man aufgrund von Hashimoto-Thyreoiditis psychische Beschwerden hat?
Befindest du dich in Bezug auf die Hashimoto bereits in ärztlicher Behandlung, brauchst du im Grunde nicht viel zu tun. Denn üblicherweise verlieren sich die psychischen Auswirkungen, sobald Hashimoto-Thyreoiditis ausreichend behandelt wird.
Das bedeutet, dass du wahrscheinlich zunehmend weniger dieser psychischen Symptome spüren wirst, je weiter fortgeschritten die Hormonbehandlung bei dir ist. Doch du kannst natürlich deine Hormontherapie, wie sie bei der Autoimmunerkrankung notwendig ist, unterstützen, indem du folgende unternimmst:
- Führe deinem Körper zusätzlich Heilpflanzen wie zum Beispiel Melisse, Baldrian, Hopfen, Johanniskraut, Lavendel, Passionsblume oder auch Rosenwurz zu.
- Achte auf eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen wie Zink, Selen, Magnesium, Eisen und Vitamin B-Komplex.
- Erlerne eine effektive Entspannungstechnik wie beispielsweise Yoga, Qi Gong, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung und wende sie regelmäßig an.
Wie lange dauert es, bis die psychischen Auswirkungen wieder nachlassen?
Obwohl Hashimoto-Thyreoiditis tatsächlich erhebliche Auswirkungen auf die Psyche haben kann, besteht die gute Nachricht darin, dass die Symptome in der Regel nachlassen, sobald die Schilddrüsenhormon-Einstellung abgeschlossen ist und sich deine Werte stabilisiert haben. Allerdings ist es wichtig zu verstehen, dass es einige Zeit dauern kann, bis die psychischen Auswirkungen tatsächlich abklingen, selbst wenn du optimal auf dein Schilddrüsenhormon eingestellt bist.
Es ist also durchaus möglich, dass dein Arzt dir bestätigt, dass du nun optimal auf dein Schilddrüsenhormon eingestellt bist, aber deine Weinerlichkeit, Erschöpfung und Gereiztheit weiterhin bestehen bleiben. In diesem Fall ist es unwahrscheinlich, dass weitere Veränderungen an der Hormoneinstellung notwendig sind. Stattdessen braucht dein Körper einfach Zeit, um sich an die Dosierung des Schilddrüsenhormons anzupassen.
Gib also nicht auf und hab Geduld. Auch wenn es schwer sein kann, müssen wir darauf vertrauen, dass unser Körper in der Lage ist, sich an die Dosierung des Schilddrüsenhormons anzupassen und sich daran zu gewöhnen. Halte durch und sei zuversichtlich, dass Besserung in Sicht ist.
Gut zu wissen
Sollten sich deine psychischen Probleme trotz einer umfassenden und langfristigen Behandlung hartnäckig halten, solltest du in Erwägung ziehen, deine Schilddrüsenhormonwerte genauer zu überprüfen.
Es kommt häufig vor, dass Ärzte lediglich den TSH-Wert als Maßstab für eine optimale Hormonbalance heranziehen und dabei die freien Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 vernachlässigen. Diese Vernachlässigung kann zu einer unzureichenden Hormoneinstellung führen, welche sich in entsprechenden Symptomen äußert.
Wir empfehlen daher, auch die fT3- und fT4-Werte zu beachten und gegebenenfalls eine Anpassung der Hormontherapie vorzunehmen.
Fazit
Forschungsergebnisse belegen, dass endokrine Erkrankungen, einschließlich der Hashimoto-Thyreoiditis, psychische Symptome hervorrufen können – oft lange vor dem Auftreten körperlicher Beschwerden. Da diese psychischen Symptome jedoch auf hormonelle Veränderungen zurückzuführen sind, passen sie nicht in das herkömmliche Bild psychischer Störungen und müssen daher anders behandelt werden.
Die Schilddrüsenhormon-Therapie, die bei Hashimoto-Thyreoiditis durchgeführt wird, führt zu einem allmählichen Abklingen der psychischen Beschwerden, sodass keine zusätzliche Therapie erforderlich ist. Es ist jedoch wichtig, dass die Hashimoto-Thyreoiditis diagnostiziert wird, da sie oft zu spät erkannt wird, was zu Fehldiagnosen führen kann. Betroffene müssen möglicherweise gegenüber ihrem Arzt beharrlich sein und auf einen Bluttest bestehen oder sogar den Arzt wechseln.
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ist ein engagierter Gesundheitsberater, Präventionscoach und Autor, der sich auf das Thema Hashimoto-Thyreoiditis spezialisiert hat. Seit 2008 durchlebt er eine langwierige und komplexe Erfahrung mit dieser Autoimmunerkrankung und konnte trotz aller Herausforderungen durch akribische Recherchen und eine nachhaltige Anpassung seiner Lebensweise signifikante Fortschritte in Bezug auf seine Gesundheit erzielen.
Als Betroffener verfügt er über mehr als 15 Jahre Expertise zu diesem Thema und teilt sein fundiertes Fachwissen sowie eigene Erfahrungen, um anderen Betroffenen wertvolle Tipps zur Selbsthilfe zu geben und tatkräftig bei der Verbesserung ihres Gesundheitszustandes zu unterstützen.